Internationaler Sorgerechtsstreit – ein Überblick

Sorgerecht bezieht sich auf das Recht, seine rechtlich anerkannten oder biologischen Kinder zu betreuen. Problematisch wird es, wenn die Eltern getrennt leben oder wenn beide Eltern eine verschiedene Staatsangehörigkeit haben und sich um die Betreuung der Kinder streiten.

In Deutschland haben also verheiratete Eltern das gemeinsame Sorgerecht, auch nach einer Scheidung. Diese Regelung ändert sich im Prinzip nur, wenn es triftige Gründe dafür gibt und wenn eine Änderung vor Gericht durch einen Elternteil beantragt wird. Handelt es sich um nicht verheiratete Eltern, dann bekommt in den meisten Fällen die Mutter das Sorgerecht.

Viele Länder machen bei Kindern keine Unterschiede ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Das Sorgerecht im Ausland ist deshalb abhängig vom jeweiligen Land und den Aufenthaltsbestimmungen. Bei einem Umzug ins Ausland passiert es sehr häufig, dass der Vater des Kindes das Mitsorgerecht hat, auch wenn er nicht verheiratet ist. Wer also wieder zurück nach Deutschland möchte und vom Partner keine Erlaubnis dafür bekommt, kann mit einem Rückführungsverfahren rechnen.

Rechte und Pflichten rund um das Sorgerecht, wenn ein Elternteil aus einem anderen Land kommt

In vielen Ländern hat beispielsweise eine Mutter nur das Recht, sich um kleine alltägliche Fragen zu kümmern, auch dann wenn sie die alleinige elterliche Sorge für das Kind trägt. Jedes Verlassen des Landes benötigt die Zustimmung vom Vater, auch dann, wenn der Vater (oder der andere Elternteil) kein Sorgerecht hat, keinen Anspruch auf Aufenthalt, und auch in dem Fall, wenn das Kind nicht mit ihm zusammenlebt. Wer also vorhat, aus einem anderen Land nach Deutschland zu gehen muss deshalb unbedingt überprüfen lassen, ob man dazu berechtigt ist. Falls nicht, kann das Kind wieder zurückgeschickt werden (HKÜ-Verfahren) und gegebenenfalls an der Grenze festgehalten werden. Das HKÜ-Verfahren ist das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung. Ziel dieses Abkommens ist, die Kinder vor dem Zurückhalten in anderen Ländern zu schützen. Vertragsstaaten müssen in einem Zeitraum von 6 Wochen nach einer Entziehung die Rückführung anordnen, der Antrag selbst muss innerhalb von einem Jahr gestellt werden, also wenn sich das Kind im Ausland befindet. Der Zeitraum für den Antrag ist sehr wichtig, da ansonsten die Rückführung abgeblockt werden kann, da die Möglichkeit besteht, dass sich ein Kind in dieser Zeit bereits optimal in die neue Umgebung integriert hat. Entscheidend sind beim Haager Übereinkommen auch die Sorgerechtsverhältnisse vor der Kindesentführung.

Es gibt leider sehr große Unterschiede was die gesetzlichen Regelungen angeht, da sie vom Herkunftsland abhängig sind und deshalb in der Regel nur im Einzelfall bearbeitet werden können.

Wie und wo stellt man den HKÜ-Antrag?

Der Antrag auf ein Rückführungsverfahren kann zwar auch im Zufluchtsstaat persönlich gestellt werden, wovon allerdings abgeraten wird. Der HKÜ-Antrag auf die Kindesrückführung wird also über die zuständige Zentrale in Bonn gestellt und ist nicht nur in Deutsch, sondern in der jeweiligen Landessprache zu stellen. Dafür gibt es fertige Antragsformulare die man selbst ausfüllen kann. Es ist allerdings empfehlenswert, sich in so einem Fall an einen Rechtsanwalt zu wenden, der sich auf den internationalen Sorgerechtsstreit spezialisiert hat, um unnötige Fehler zu vermeiden. Der HKÜ-Antrag sollte so schnell wie möglich gestellt werden!

Was sind die Voraussetzungen für einen Antrag auf Rückführung?

Zu den wichtigsten Voraussetzungen zählt das Alter des Kindes, denn für das HKÜ-Verfahren darf das 16. Lebensjahr noch nicht erreicht sein. Vor der Entführung muss das Kind in Deutschland gelebt und der antragstellende Elternteil das Sorgerecht oder Mitsorgerecht zum Entführungszeitpunkt gehabt haben. Ein weiterer bedeutender Faktor ist der Zeitpunkt der Entführung, denn wenn zu diesem Datum das Zufluchtsland noch nicht zu den Mitgliedstaaten gehörte, dann kann der Antrag auf Kindesrückführung nicht gestellt werden.

Fazit

Ein internationaler Sorgerechtsstreit ist sehr aufwendig und nervenaufreibend. Obwohl das HKÜ-Verfahren kostenfrei ist, fallen trotzdem noch laufende Kosten in Form von Übersetzungen, Beglaubigungen, Rechtsanwälte, Gutachter und Reisekosten an. Ein Rechtsanwalt kann Auskunft geben, ob eine Chance auf Verfahrenskostenbeihilfe besteht.

Ganz wichtig bei einem internationalen Sorgerechtsstreit ist auch, eine korrekte Anschrift im Zufluchtstaat zu haben, damit die rechtlichen Dokumente auch sicher zugestellt werden können. Ist der Aufenthaltsort nicht bekannt, dann kann das Verfahren aufgrund der fehlenden Information über die ladungsfähige Anschrift auch nicht vollzogen werden.

Ein Gerichtsverfahren sollte im Prinzip nicht länger als sechs Wochen dauern, allerdings sieht das in der Praxis ganz anders aus, da sich das Verfahren auf Jahre über verzögern kann. Zu den häufigsten Versagungsgründen zählt, dass sich das Kind bereits gut in die neue Umgebung eingelebt hat und dass über ein Jahr vergangen ist, bis zum Zeitpunkt wo der Antrag bei Gericht einging.

Auf den Webseiten des Bundesamts für Justiz in Bonn findet man übrigens eine übersichtliche Liste der Länder die zu den Mitgliedstaaten des HKÜ gehören, auf dieser Seite kann man sich auch die benötigten Antragsformulare herunterladen.

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