Essstörung – Gedankenwelt einer Essgestörten beim Einkaufen

Dieser Artikel gibt einen Einblick in die Gedankenwelt einer Essgestörten, die einen ganz gewöhnlichen Einkauf erledigen möchte. Gewöhnlich?

Der intime Einblick ist für alle, die verstehen wollen, wie es sich anfühlt mit der Krankheit zu leben:

Kalorien, Kaloooooorien, KALORIIIIIIIIIIEN!

Es geistert durch meinen Kopf. Ob ich träume, wach bin oder gehe, macht keinen Unterschied. Mager oder dick? Hübsch oder hässlich? Beliebt oder verabscheut? Was willst du sein? Du kannst entscheiden!

Magerquark 54 Kalorien, Joghurt mit Magermilch 45 Kalorien, ein Apfel 80 Kalorien. Das ist fein.

Kalorien in meinem Hirn sind wie auf Stein gemeißelt. Ich kann vor lauter Kalorien den Rewe nicht mehr sehen.

Sehe ich heute gut aus? Sehe ich fett aus?

Das Herz rast. Das Blut pocht durch die Adern. Es wird heiß und kalt zugleich. Schweiß. Panik steigt auf.

Ich schaffe das nicht. Was tu ich hier? Ach ja, einkaufen!

Scheißegal! Wo ist die Nutella? Kuchen? Pizza?

Nein, das geht so nicht! KALORIEN!

Die Gier und der Heißhunger gewinnen an Macht.

Doooooch! Ich hab Hunger. Mädchen müssen was essen.

Aber nicht so viel. Keine Zucker, weißt du noch? Kein Kuchen, keine Nutella, nix aber auch gar nichts Süßes.

Und Pizza?

NEIN! Zu fett! Da ist doch Käse drauf und der ganz Hefeteig-Mist.

Ja, stimmt schon. Das macht nur fett und hässlich.

Schämst du dich schon?

Ja, ein wenig. Immer verliere ich die Kontrolle.

HIRN? Beruhige dich! Erstmal klar kommen.

Du bist doch nur einkaufen. Das kann doch nicht so schwer sein. Verlier nicht die Beherrschung. Bleib stehen. Hole tief Luft. 1, 2, 3.

Okay, weiter. Ich kann auch stark sein.

Obst, Gemüse. Heute gibt’s Chicorée. Nur 23 Kalorien. Das ist gut. Siehst du? Du schaffst das!

Naja, der Einkaufsmarkt ist groß. Überall diese verführerischen Sünden.

Ja, sie schmecken so gut. Aber was willst du mehr? Speck auf den Hüften oder deine Hüftknochen bewundern? Fettarsch oder Knackarsch?

Ich mag glücklich sein.

Das wirst du, wenn du stark bleibst.

Okay.

Das Herz rast weniger. Verwirrtheit. Ich fühl mich verloren. Einsam.

Was soll ich tun und wohin soll ich gehen?

Da vorne ist die Kasse. Schnell, schneller!

Oh nein, die Tiefkühltruhen. Eis *-* Oh ja, ein Eis. Das schadet doch nicht oder lieber so einen ganzen Container oder 2 und ne Pizza. Ja, das wär’s. Yummy.

!!!!ERROR!!!! Sag mal, spinnst du? An was denkst du wieder?

PIZZAAAA!

NEIN!

=( Ich weiß, dass es falsch ist. Aber ich will so gerne.

Bist du nun ein quengelndes Kind? KOMM KLAR. Kneif dich in die Wange.

Aua!

Schüttel mit dem Kopf. Lauf weg! Gehts wieder?

Geht schon. Zufrieden bin ich nicht.

Zur Kasse, los jetzt. Dann ist es geschafft.

Anstehen und warten. Der Blick ist auf den Boden gerichtet. Die Zeit vergeht so langsam.

Müde. Der Stress macht müde. Der Körper fühlt sich so müde an, immer.

Ich bin dran.

>Nur Chicorée heute, Frau Key?< >Ja, nur Chicorée.<  > 1,49 €. Bitte.<

Peinlich. Was denkt sie nur?

Bezahlen, einpacken und auf nach Hause. Menschen kommen mir entgegen. Ich weiche ihnen aus, die Blicke. Wie ein Geist versuche ich nicht auf zu fallen. Draußen! Frische Luft! Puh. Geschafft!

Und morgen?

Lass mich nicht an morgen denken…

Wieso?

Da geht der Kampf von vorne los.

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